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Kurzgeschichte II (518.11AS)

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Der Wind trug den Duft der nahen Wälder sowie die abendliche Kühle über die Lichtung. Doch das störte Lily wenig. Sie kauerte im hohen Gras und versuchte riechend und tastend, etwas aus den Spuren vor ihr zu machen.

Das wäre so viel einfacher, wenn ich das nicht so erledigen müsste, sondern so, wie ich es immer mache. Mit dir an meiner Seite.

-Aber ich bin doch an deiner Seite-, antwortete eine kräftige Stimme aus ihrem Inneren.

Du weißt schon wie ich das meine. Und du möchtest mir wirklich keine Hinweise geben?

-Nein, das ist nicht möglich und das weißt du auch.-

Lily knurrte, unzufrieden mit der Antwort, auch wenn dies ihrem Gesprächspartner ein gedämpftes Lachen entlockte. Ein Umstand, der sie noch missmutiger werden lies. Ihr war von Vornerhein klar, dass die Chancen schlecht standen. Langsam und so leise wie möglich schob sie sich durch das Gras, der Spur nach und ihrem Ziel Schritt für Schritt näher kommend.

Solange die Spuren menschlich sind, muss ich mir keine Sorgen machen, solange habe ich eine Chance.
Sie richtete sich gerade soweit auf, dass sie mit der letzten Kraft des Mondes in die Ferne spähen konnte und die rauen Umrisse des Waldrandes erkannte.

Wenn er es wirklich bis in dem Wald geschafft hat, habe ich ein Problem.
Doch spielte Eile jetzt noch eine Rolle? Ihr Ziel hatte nur Augenblicke Vorsprung und doch würde sie ihn sehen, außer wenn er sich hingelegt hatte. Um das herauszubekommen, müsste sie jedoch auf einen Baum und wenn sie einmal am Waldrand war und auf sich allein gestellt, so würde sie ihn dann nicht mehr einholen. So dauerte das Spurenlesen jedoch zu lange und er würde ihr so oder so entkommen. Sie hatte nicht mehr viel Zeit.

 

Ihre Schritte beschleunigend, schlich sie näher an den Waldrand. Unentwegt bereit, auf das Unvorhersehbare vorbereitet zu sein, fühlte sie sich nicht wirklich leichtfüßig oder gar geschmeidig. Kurz innehaltend, atmete sie tief durch und entspannte ihr Muskeln.

Konzentrier dich.
Sie drückte ihre Nase auf die Erde und versuchte verzweifelt, einen aus tausenden Gerüchen zu erkennen. Die Spur hörte leicht rechts abbiegend auf und der Geruch verlor sich im Bouquet des Waldes.

Im Wald finde ich ihn nie.
Mit dieser bedrückenden Erkenntnis folgte sie dem, was sie kannte. Als sie jedoch bemerkte, dass die Spuren nicht aufhörten, sondern sich lediglich geändert hatten, war es fast zu spät. Ein Knacken zu ihrer rechten, ließ sie herumfahren. Stahl erstrahlte im Mondlicht und zwei Herzschläge später war sie auf ihr Ziel zugeschossen. Wie ein Stern erstrahlte die Klinge am Nachthimmel, als sie ihr aus den Händen geschlagen wurde.

»Manchmal frage ich mich, ob du es wrklich versuchst.«, der Mann, der sichtlich schon einiges erlebt und noch viel mehr gesehen hatte, lag halb auf seiner Bettrolle und las, während er sein Messer wieder wegsteckte.

»Wieder falsch und wieder aus den richtigen Gründen. Hör auf zu denken, dass du weißt was du tust und tu es.«
Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, rannte sie in Richtung Wald davon. Das Klirren der Klingen musste man auf der ganzen Lichtung gehört haben, jetzt hieß es also schnell die Richtung ändern, eine Ablenkung erzeugen und sich annähern.

Der Waldrand hatte schon immer etwas Absonderliches, doch so ganz ohne Gras zum Verstecken und ohne eine wirklich gute Sicht würde es nicht besser werden. Schon gar nicht in ihrer Verfassung. Noch während in die Worte ‚falsch und wieder aus den richtigen Gründen‘ durch den Kopf gingen, folgte Ihr Auge einer dem Anfang einer Spur aus abgebrochenen Zweigen und aufgewühltem Laub. Ihr Ziel hatte es schließlich genau so eilig wie sie und war daher entsprechend unvorsichtig.

Oder es ist eine Falle
Auch wenn sie das für unwahrscheinlich hielt, war es der Gedanke wert. Was war, wenn auch er eine Ablenkung gelegt hatte? Weiter in den Wald ist er nicht hinein und hier war er auch nicht. Rasch zog sie sich ins hohe Gras zurück und huschte am Waldrand entlang, ihre Augen stets bemüht die Schemen richtig zu deuten.

Er könnte auch ganz in der Nähe von vorhin gewesen sein. Ich hätte nicht aufhören sollen in der Nähe zu suchen. Wenn Tulok dalag, dann vielleicht auch er. Oder war vielleicht am Waldrand ganz am Anfang? Hat er sich bewegt?
Sie bremste schlitternd, als sie ein paar Augen im Unterholz aufblitzen sah. Sie hob einen Stein auf, Schoß nach links und lies den Stein selbst nach rechts fliegen. Klappernd prallte er zwischen ein paar Ästen tanzend zu Boden. Die Augen folgten dem Stein und bewegten sich.

Meine Chance.
Sie stoppte und floss lautlos aus dem Gras in den Wald. An ihm vorbei, hinter ihn. Eins mit der Dunkelheit. Nur noch wenige Bäume trennten sie von ihrem Ziel. Das verbleibende Khukuri in ihren Händen war sie nur noch wenige Schritte entfernt. Just als sie sich aus dem Schatten des Baumes löste, ließ sie ein Blitzen in der Dunkelheit zurückweichen. Neben ihr vibrierte eine Klinge im Holz, doch nicht irgendeine. Ihren Instinkten vertrauend, war sie bereits in die Luft gesprungen, als das zerbärsten des morschen Baumes ihre Ohren erreichte. Etwas unbeholfener als gehofft landete sie, stolperte rückwärts über eine Wurzel und rollte sich deckend in eine Kuhle.

 

Noch habe ich nicht verloren. Sie schaffte es, gerade noch rechtzeitig aus der Mulde zu hechten, als ein gewaltiger Bär donnernd in ihr zum stehen kam. Auch wenn sein Brüllen sie fast lähmte, rannte sie weiter. Zwischen einigen Bäumen hindurch schlängelnd gewann sie die wenigen Sekunden, die sie brauchte. An einem der größeren Bäume schlug sie einen plötzlichen Haken auf den Baum zu, ging einige Schritte an ihm entlang und stieß sich ab. Das samtig weiche Tuch, welches der Bär um den Hals hatte, glitt durch ihre Finger. Doch als sie es packen wollte, war es verschwunden. Eine Pranke traf sie in der Seite und beförderte sie gute zwei Meter durch die Luft. Sie krachte gegen einen Baum und kam unsanft an dessen Fuß zum Liegen.

Danke, sie hatte sich gerade wieder in sich selbst verwandelt, als der Bär sie vorsichtig anstupste.

»Alles okay Zak.«, sie richtete sich auf und bemerkte, das Tulok seine Hand ausgestreckt hatte. Sie nahm die Hilfe dankend an und klopfte sich den Dreck von der Kleidung.

»Ich habe«, begann sie.

»Wieder versagt, richtig.« Tulok gab ihr die Messer zurück und reichte jedem ein Stück Brot sowie ein Becher Wasser.

»Was sagt ihr, noch einen Versuch?«, sie hatte sich in einer großen Umarmung um den Hals des Bären geworfen und sah Tulok mit einem Blick an, der eher eines Hundes als eines Wolfes würdig war.

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